Im ehemaligen KZ Flossenbürg war mit mehr als 2000 Menschen eines der größten Lager für polnische Displaced Persons in Bayern eingerichtet worden.
Foto: unbekannt. Privatbesitz Danuta Grygorczyk
Mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa. Die zuvor verbotenen Beziehungen zwischen Deutschen und Kriegsgefangenen oder Zwangsarbeiter*innen wurden nicht mehr verfolgt. Unter den chaotischen Zuständen der frühen Nachkriegszeit konnten sich die Paare nur schwer wiederfinden oder beieinanderbleiben. Befreite Kriegsgefangene kehrten in ihre Heimatländer zurück, andere wurden wie auch viele ehemalige Zwangsarbeiter*innen von der alliierten Militärverwaltung in Lagern für Displaced Persons (DPs) untergebracht. Betreut wurden die Menschen dort von der Nothilfe- und Wiederaufbauverwaltung der Vereinten Nationen (UNNRA). Teilweise wurden sie gegen ihren Willen in ihre Heimatländer zurückgeschickt.
Wie viele ehemalige Zwangsarbeiter*innen und Kriegsgefangene ihre Kinder mit nach Hause nehmen konnten, ist nicht bekannt. Sowohl für zuvor kriegsgefangene und zur Zwangsarbeit verschleppte als auch für deutsche Väter bedeutete das Kriegsende zumeist eine Trennung von Frau und Kind. Deutsche Frauen, die wegen »verbotenen Umgangs« in Haft gewesen waren, konnten nach ihrer Freilassung teilweise zu ihren Kindern zurückkehren, wenn diese bei Verwandten geblieben waren. Andere Kinder wuchsen jedoch weiterhin in Pflege- oder Adoptivfamilien auf.
Es ist nicht bekannt, ob das Kind aus einer verbotenen Beziehung hervorgegangen ist.
Foto: H. Budowle. The National Archives, College Park, Maryland, USA
Johann Maciejko wollte nach der Befreiung in Deutschland bleiben, um mit Thea Klingenhäger das gemeinsame Kind aufzuziehen. Ihre Familie stellte sich jedoch dagegen. 1947 wanderte Johann Maciejko in die USA aus. Seinen Sohn Detlef sah er nie wieder.
Privatbesitz Klingenhäger
Auch nach der Befreiung blieben Eltern von Kindern aus verbotenen Beziehungen häufig stigmatisiert. Deutsche Frauen, die aus der Haft in ihre Heimatorte zurückkehrten, wurden unter dem Vorwurf, ein uneheliches Kind mit dem »Feind« zu haben, weiterhin ausgegrenzt. Verheirateten Frauen wurde zusätzlich der Ehebruch vorgeworfen. Ausgrenzung erfuhren ebenfalls Frauen, denen verbotene Beziehungen lediglich unterstellt wurden.
Das Leid der Frauen blieb in den deutschen Nachkriegsgesellschaften tabuisiert. Viele der Frauen schwiegen über ihre Verfolgungserfahrungen aus Scham. Insbesondere ehemalige sowjetische Zwangsarbeiter*innen, die in ihre Heimatländer zurückkehrten, wurden verdächtigt, mit den Deutschen kollaboriert zu haben. Sie versuchten, Beziehungen zu Deutschen geheim zu halten und die Herkunft der Kinder aus solchen Beziehungen zu verheimlichen.
»In der ersten Klasse war das schon, als wir nachhause gegangen sind, da haben die Jungs hinter mir hergerufen ›Polak‹, ›Polak‹. Dann habe ich zugehauen. Dann war wieder mal eine Zeit lang Ruhe, bis ich die vielleicht mal wieder geärgert habe, dann kam wieder der ›Polak‹.«
Rosa Trettin, Tochter einer Deutschen und des polnischen Zwangsarbeiters Józef Trzeciak, 2015
Viele Kinder aus verbotenen Beziehungen wuchsen nach Kriegsende bei Pflegefamilien auf. Gelang es Müttern, ihre Kinder nach der Befreiung wiederzubekommen, mussten sie teilweise lange gegen deutsche Behörden um das Sorgerecht kämpfen. Andere entschieden sich aufgrund der sozialen Ächtung und der mangelnden Unterstützung dazu, ihre Kinder in Heime oder Pflegefamilien zu geben bzw. dort zu belassen.
Wenn sich ein Paar entschied, zu heiraten, zwangen die deutschen Behörden Frauen und Kinder, die Staatsangehörigkeit des Mannes anzunehmen. Französische Behörden suchten im besetzten Deutschland nach Kindern mit einem französischen Elternteil, um sie nach Frankreich zu repatriieren. Deutsche Mütter machten daher auch falsche Angaben, um ihre Kinder behalten zu können.
Józef Swiontek und Marie Döscher hatten nach Kriegsende geheiratet. Marie wurde mit der Eheschließung die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen. In den 1950er-Jahren konnten sie und die gemeinsamen Kinder in der Bundesrepublik eingebürgert werden.
Arolsen Archives
Ohne Vater aufzuwachsen, war in der unmittelbaren Nachkriegszeit in Deutschland nicht ungewöhnlich. Viele Väter waren im Krieg getötet worden, befanden sich in Kriegsgefangenschaft der Alliierten oder galten als vermisst. Kinder, von denen bekannt war, dass ihr Vater ein Zwangsarbeiter oder Kriegsgefangener war, wurden jedoch oft anders behandelt als die meisten anderen Kinder. Für viele von ihnen blieb Ausgrenzung auch nach der Befreiung Teil ihres Alltags in ihrer örtlichen Umgebung, insbesondere in der Schule, teilweise sogar in ihren Familien. Häufig wurden sie als uneheliches Kind und nicht der gesellschaftlichen Norm entsprechend stigmatisiert. Immer wieder wurden die Kinder rassistisch beleidigt und diskriminiert.
Im ehemaligen KZ Flossenbürg war mit mehr als 2000 Menschen eines der größten Lager für polnische Displaced Persons in Bayern eingerichtet worden.
Foto: unbekannt. Privatbesitz Danuta Grygorczyk
Mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa. Die zuvor verbotenen Beziehungen zwischen Deutschen und Kriegsgefangenen oder Zwangsarbeiter*innen wurden nicht mehr verfolgt. Unter den chaotischen Zuständen der frühen Nachkriegszeit konnten sich die Paare nur schwer wiederfinden oder beieinanderbleiben. Befreite Kriegsgefangene kehrten in ihre Heimatländer zurück, andere wurden wie auch viele ehemalige Zwangsarbeiter*innen von der alliierten Militärverwaltung in Lagern für Displaced Persons (DPs) untergebracht. Betreut wurden die Menschen dort von der Nothilfe- und Wiederaufbauverwaltung der Vereinten Nationen (UNNRA). Teilweise wurden sie gegen ihren Willen in ihre Heimatländer zurückgeschickt.
Wie viele ehemalige Zwangsarbeiter*innen und Kriegsgefangene ihre Kinder mit nach Hause nehmen konnten, ist nicht bekannt. Sowohl für zuvor kriegsgefangene und zur Zwangsarbeit verschleppte als auch für deutsche Väter bedeutete das Kriegsende zumeist eine Trennung von Frau und Kind. Deutsche Frauen, die wegen »verbotenen Umgangs« in Haft gewesen waren, konnten nach ihrer Freilassung teilweise zu ihren Kindern zurückkehren, wenn diese bei Verwandten geblieben waren. Andere Kinder wuchsen jedoch weiterhin in Pflege- oder Adoptivfamilien auf.
Es ist nicht bekannt, ob das Kind aus einer verbotenen Beziehung hervorgegangen ist.
Foto: H. Budowle. The National Archives, College Park, Maryland, USA
Johann Maciejko wollte nach der Befreiung in Deutschland bleiben, um mit Thea Klingenhäger das gemeinsame Kind aufzuziehen. Ihre Familie stellte sich jedoch dagegen. 1947 wanderte Johann Maciejko in die USA aus. Seinen Sohn Detlef sah er nie wieder.
Privatbesitz Klingenhäger
Auch nach der Befreiung blieben Eltern von Kindern aus verbotenen Beziehungen häufig stigmatisiert. Deutsche Frauen, die aus der Haft in ihre Heimatorte zurückkehrten, wurden unter dem Vorwurf, ein uneheliches Kind mit dem »Feind« zu haben, weiterhin ausgegrenzt. Verheirateten Frauen wurde zusätzlich der Ehebruch vorgeworfen. Ausgrenzung erfuhren ebenfalls Frauen, denen verbotene Beziehungen lediglich unterstellt wurden.
Das Leid der Frauen blieb in den deutschen Nachkriegsgesellschaften tabuisiert. Viele der Frauen schwiegen über ihre Verfolgungserfahrungen aus Scham. Insbesondere ehemalige sowjetische Zwangsarbeiter*innen, die in ihre Heimatländer zurückkehrten, wurden verdächtigt, mit den Deutschen kollaboriert zu haben. Sie versuchten, Beziehungen zu Deutschen geheim zu halten und die Herkunft der Kinder aus solchen Beziehungen zu verheimlichen.
»In der ersten Klasse war das schon, als wir nachhause gegangen sind, da haben die Jungs hinter mir hergerufen ›Polak‹, ›Polak‹. Dann habe ich zugehauen. Dann war wieder mal eine Zeit lang Ruhe, bis ich die vielleicht mal wieder geärgert habe, dann kam wieder der ›Polak‹.«
Rosa Trettin, Tochter einer Deutschen und des polnischen Zwangsarbeiters Józef Trzeciak, 2015
Viele Kinder aus verbotenen Beziehungen wuchsen nach Kriegsende bei Pflegefamilien auf. Gelang es Müttern, ihre Kinder nach der Befreiung wiederzubekommen, mussten sie teilweise lange gegen deutsche Behörden um das Sorgerecht kämpfen. Andere entschieden sich aufgrund der sozialen Ächtung und der mangelnden Unterstützung dazu, ihre Kinder in Heime oder Pflegefamilien zu geben bzw. dort zu belassen.
Wenn sich ein Paar entschied, zu heiraten, zwangen die deutschen Behörden Frauen und Kinder, die Staatsangehörigkeit des Mannes anzunehmen. Französische Behörden suchten im besetzten Deutschland nach Kindern mit einem französischen Elternteil, um sie nach Frankreich zu repatriieren. Deutsche Mütter machten daher auch falsche Angaben, um ihre Kinder behalten zu können.
Józef Swiontek und Marie Döscher hatten nach Kriegsende geheiratet. Marie wurde mit der Eheschließung die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen. In den 1950er-Jahren konnten sie und die gemeinsamen Kinder in der Bundesrepublik eingebürgert werden.
Arolsen Archives
Ohne Vater aufzuwachsen, war in der unmittelbaren Nachkriegszeit in Deutschland nicht ungewöhnlich. Viele Väter waren im Krieg getötet worden, befanden sich in Kriegsgefangenschaft der Alliierten oder galten als vermisst. Kinder, von denen bekannt war, dass ihr Vater ein Zwangsarbeiter oder Kriegsgefangener war, wurden jedoch oft anders behandelt als die meisten anderen Kinder. Für viele von ihnen blieb Ausgrenzung auch nach der Befreiung Teil ihres Alltags in ihrer örtlichen Umgebung, insbesondere in der Schule, teilweise sogar in ihren Familien. Häufig wurden sie als uneheliches Kind und nicht der gesellschaftlichen Norm entsprechend stigmatisiert. Immer wieder wurden die Kinder rassistisch beleidigt und diskriminiert.
trotzdem da! – Kinder aus verbotenen Beziehungen zwischen Deutschen und Kriegsgefangenen oder Zwangsarbeiter*innen ist ein Projekt der Gedenkstätte Lager Sandbostel. Es wird in der Bildungsagenda NS-Unrecht von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) und dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) gefördert.
Kooperationspartner*innen sind die KZ-Gedenkstätte Neuengamme, das Projekt Multi-peRSPEKTif (Denkort Bunker Valentin / Landeszentrale für politische Bildung Bremen) und das Kompetenzzentrum für Lehrer(innen)fortbildung Bad Bederkesa.
trotzdem da! – Kinder aus verbotenen Beziehungen zwischen Deutschen und Kriegsgefangenen oder Zwangsarbeiter*innen ist ein Projekt der Gedenkstätte Lager Sandbostel. Es wird in der Bildungsagenda NS-Unrecht von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) und dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) gefördert.
Kooperationspartner*innen sind die KZ-Gedenkstätte Neuengamme, das Projekt Multi-peRSPEKTif (Denkort Bunker Valentin / Landeszentrale für politische Bildung Bremen) und das Kompetenzzentrum für Lehrer(innen)fortbildung Bad Bederkesa.