Liebe Menschen in der Zukunft!
Im Gegensatz zu unserer Multi-peRSPEKTif-Gruppe aus Bremen habt ihr leider nicht die Möglichkeit, an einen Originalschauplatz einer »Verbotenen Beziehung« zu fahren. Genauso wenig könnt ihr einen Tag mit Gerd verbringen und einfach ganz viel mit ihm persönlich sprechen. Das ist sehr schade. Denn das persönliche Kennenlernen von neuen Menschen ist eigentlich immer der interessanteste Weg, um etwas über die Geschichte des Nationalsozialismus zu erfahren.
Für uns wurde durch die Gespräche mit Gerd sehr deutlich, dass sogar noch heute, obwohl das 80 Jahre her ist, diese Geschichten noch mega Auswirkungen haben. Gerade neue Kriegssituationen, in die die Familienmitglieder hineingeraten, verändern offenbar die gesamte Situation. Irgendwie krass, oder?
Glücklicherweise haben ein paar Menschen eine Ausstellung gemacht. Die Ausstellung heißt »trotzdem da! – Kinder aus verbotenen Beziehungen zwischen Deutschen und Kriegsgefangenen oder Zwangsarbeiter*innen«. Wir von »Multi-peRSPEKTif« haben den ganzen Entstehungsprozess dieser Ausstellung begleitet. Wir haben nicht nur Gerd persönlich kennengelernt, sondern auch Katharina. Das Ganze hat insgesamt zwei Jahre gedauert! Und nun wollen wir auch euch begleiten. Wir kennen euch leider nicht, darum nennen wir euch Menschen in der Zukunft. Wir stellen uns nur vor, wer ihr seid und was euch vielleicht interessieren könnte. Vielleicht täuschen wir uns da aber auch!
Hoffentlich habt ihr das Glück und wohnt in der Nähe eines Ortes, an dem diese Wanderausstellung gezeigt wird. Wenn nicht, ist auch nicht schlimm. Dann könnt ihr euch alles hier auf der Webseite anschauen.
Bevor ihr das tut und in die Ausstellung eintaucht, nehmen wir euch noch mit in unsere Begegnung mit Gerd. Lasst euch erstmal auf seine Geschichte ein!
Gerd A. Meyer bei der Exkursion mit dem Foto seines Vaters in der Hand
Foto: Ksenja Holzmann
Nach den nationalsozialistischen Vorschriften hätte es Gerd A. Meyer, geboren am 12. November 1945, nicht geben sollen. Denn die Beziehung seiner Mutter aus dem kleinen Dorf Haaßel (heute ein Ortsteil von Selsingen) in Niedersachsen zu dem sowjetischen Kriegsgefangenen Anatolij war bei den Nazis aus rassistischen Gründen verboten.
Als Gerds Vater Anatolij Michailowitsch Pokrowskij am 28. Februar 1945 im Kriegsgefangenenlager Stalag X B Sandbostel in Niedersachsen starb, war Gerd noch gar nicht auf der Welt. Den Namen seines Vaters sowie seine russischen Verwandten fand Gerd erst nach lebenslanger Suche. Kinder wie Gerd gab es nach dem Zweiten Weltkrieg viele in Deutschland. Als Gerd 2010 die Familie seines Vaters endlich gefunden hatte und seine Tante kennenlernen konnte, bekam er dieses Foto. Der sechsjährige Junge links im Bild ist Gerds Vater Anatolij.
Russisches Familienfoto
Foto: unbekannt. Privatbesitz Meyer
Um Gerd und seine Geschichte kennenzulernen, verbrachten wir am 1. Juni 2024 einen gemeinsamen Tag in Haaßel und Sandbostel. Die Filmemacherin Anastasia Zeller hat uns mit ihrer Kamera begleitet. Mit den folgenden Filmclips wollen wir euch auf euren Besuch der Ausstellung »trotzdem da!« vorbereiten.
(7:04 min)
(3:19min)
Während unserer Begegnung hat Gerd immer mal wieder ein Wort in Russisch gesagt. Damit du nicht ganz verloren bist und einen Teil von Gerds Geschichte auch in dieser Sprache mitnehmen kannst, haben wir überlegt, welche Worte eine wichtige Rolle in Gerds Geschichte einnehmen und diese dann übersetzt. Hier findest du also eine Vokabellist. Probiere doch mal aus!
Бабушка - Babuschka = Oma
Дедушка - Deduschka = Opa
Сестра - Sestra = Schwester
Брат - Brat = Bruder
Семья - Semja = Familie
обнимать - obnimat = umarmen
познакомиться - posnakomitsja = kennenlernen
петь песни - pet pesni = Lieder singen
Нет - Njet = Nein
Да – Da = Ja
продолжать - prodolschat = Weitermachen
искать - iskat = suchen
находить - nachodit = finden
надежда - nadeschda = Hoffnung
язык - Jasyk = Sprache
рассказывать - rasskasywat = erzählen
(3:10min)
Lies zu diesem Thema die beiden hier verlinkten Texte:
»Schaubild der Woche« 18.04.1943, aus Amstettner Anzeiger Universitätsbibliothek Wien
(IV-533448/51.1943)
Hinweis: Das Schaubild ist ein Propagandabild. Hier wird die Perspektive der nationalsozialistischen Täter*innen sichtbar.
(1:00 Min)
Auf dem Rückweg zu den Autos diskutieren die Leute von Multi-peRSPEKTif die Frage, ob sie selbst gerne in einem Dorf wie Haaßel leben würden.
Handyvideo untertitelt. Gefilmt von Ksenja Holzmann
Wir hoffen, dass euch unsere Begegnung mit Gerd dazu anregt selbst neugierig zu sein und genauso Fragen an die »Kinder von damals« zu stellen. Denn Ihr werdet in der Ausstellung unterschiedliche Menschen und ihre Geschichten kennenlernen. Alle diese Menschen verbindet, dass sie einen Vater oder eine Mutter hatten, der oder die Kriegsgefangener oder Zwangsarbeiter*in war. Wir nennen sie »die Kinder«, obwohl sie ja längst keine Kinder mehr sind. Alle diese Kinder hatten durch die Ausstellung die Möglichkeit, sich untereinander kennenzulernen. Also hatten sie selbst auch was von dem ganzen Projekt!
Wir haben für euch ein paar Fragen und Suchaufgaben zusammengestellt, mit denen ihr in die Ausstellung reingehen könnt. Unser Vorschlag ist, dass ihr zuerst einmal durchlauft und den Kindern quasi mal kurz hallo sagt, also ihr zunächst vor allem die großen Bilder und Überschriften anschaut und rausfindet, wer wer ist.
Dann könntet ihr euch in Kleingruppen auf die Suche machen. Vielleicht findet ihr manchmal sehr schnell Antworten. Vielleicht stoßt ihr aber auch auf weitere Fragen. Wir sind an eurer Seite! Wenn ihr nach dem Ausstellungsbesuch wieder zusammenkommt, werdet ihr auch erfahren, wie es bei unserer Begegnung mit Gerd weiterging. Bis dann!
Liebe Grüße,
Euer Team von Multi-peRSPEKTif
Appolinaire, Baboucar, Ebrima, Fatoumata, Kath, Ksenja, Mouctar, Nene, Siaka und Yus.
Liebe Menschen in der Zukunft!
Im Gegensatz zu unserer Multi-peRSPEKTif-Gruppe aus Bremen habt ihr leider nicht die Möglichkeit, an einen Originalschauplatz einer »Verbotenen Beziehung« zu fahren. Genauso wenig könnt ihr einen Tag mit Gerd verbringen und einfach ganz viel mit ihm persönlich sprechen. Das ist sehr schade. Denn das persönliche Kennenlernen von neuen Menschen ist eigentlich immer der interessanteste Weg, um etwas über die Geschichte des Nationalsozialismus zu erfahren.
Für uns wurde durch die Gespräche mit Gerd sehr deutlich, dass sogar noch heute, obwohl das 80 Jahre her ist, diese Geschichten noch mega Auswirkungen haben. Gerade neue Kriegssituationen, in die die Familienmitglieder hineingeraten, verändern offenbar die gesamte Situation. Irgendwie krass, oder?
Glücklicherweise haben ein paar Menschen eine Ausstellung gemacht. Die Ausstellung heißt »trotzdem da! – Kinder aus verbotenen Beziehungen zwischen Deutschen und Kriegsgefangenen oder Zwangsarbeiter*innen«. Wir von »Multi-peRSPEKTif« haben den ganzen Entstehungsprozess dieser Ausstellung begleitet. Wir haben nicht nur Gerd persönlich kennengelernt, sondern auch Katharina. Das Ganze hat insgesamt zwei Jahre gedauert! Und nun wollen wir auch euch begleiten. Wir kennen euch leider nicht, darum nennen wir euch Menschen in der Zukunft. Wir stellen uns nur vor, wer ihr seid und was euch vielleicht interessieren könnte. Vielleicht täuschen wir uns da aber auch!
Hoffentlich habt ihr das Glück und wohnt in der Nähe eines Ortes, an dem diese Wanderausstellung gezeigt wird. Wenn nicht, ist auch nicht schlimm. Dann könnt ihr euch alles hier auf der Webseite anschauen.
Bevor ihr das tut und in die Ausstellung eintaucht, nehmen wir euch noch mit in unsere Begegnung mit Gerd. Lasst euch erstmal auf seine Geschichte ein!
Gerd A. Meyer bei der Exkursion mit dem Foto seines Vaters in der Hand
Foto: Ksenja Holzmann
Nach den nationalsozialistischen Vorschriften hätte es Gerd A. Meyer, geboren am 12. November 1945, nicht geben sollen. Denn die Beziehung seiner Mutter aus dem kleinen Dorf Haaßel (heute ein Ortsteil von Selsingen) in Niedersachsen zu dem sowjetischen Kriegsgefangenen Anatolij war bei den Nazis aus rassistischen Gründen verboten.
Als Gerds Vater Anatolij Michailowitsch Pokrowskij am 28. Februar 1945 im Kriegsgefangenenlager Stalag X B Sandbostel in Niedersachsen starb, war Gerd noch gar nicht auf der Welt. Den Namen seines Vaters sowie seine russischen Verwandten fand Gerd erst nach lebenslanger Suche. Kinder wie Gerd gab es nach dem Zweiten Weltkrieg viele in Deutschland. Als Gerd 2010 die Familie seines Vaters endlich gefunden hatte und seine Tante kennenlernen konnte, bekam er dieses Foto. Der sechsjährige Junge links im Bild ist Gerds Vater Anatolij.
Russisches Familienfoto
Foto: unbekannt. Privatbesitz Meyer
Um Gerd und seine Geschichte kennenzulernen, verbrachten wir am 1. Juni 2024 einen gemeinsamen Tag in Haaßel und Sandbostel. Die Filmemacherin Anastasia Zeller hat uns mit ihrer Kamera begleitet. Mit den folgenden Filmclips wollen wir euch auf euren Besuch der Ausstellung »trotzdem da!« vorbereiten.
(7:04 min)
(3:19min)
Während unserer Begegnung hat Gerd immer mal wieder ein Wort in Russisch gesagt. Damit du nicht ganz verloren bist und einen Teil von Gerds Geschichte auch in dieser Sprache mitnehmen kannst, haben wir überlegt, welche Worte eine wichtige Rolle in Gerds Geschichte einnehmen und diese dann übersetzt. Hier findest du also eine Vokabellist. Probiere doch mal aus!
Бабушка - Babuschka = Oma
Дедушка - Deduschka = Opa
Сестра - Sestra = Schwester
Брат - Brat = Bruder
Семья - Semja = Familie
обнимать - obnimat = umarmen
познакомиться - posnakomitsja = kennenlernen
петь песни - pet pesni = Lieder singen
Нет - Njet = Nein
Да – Da = Ja
продолжать - prodolschat = Weitermachen
искать - iskat = suchen
находить - nachodit = finden
надежда - nadeschda = Hoffnung
язык - Jasyk = Sprache
рассказывать - rasskasywat = erzählen
(3:10min)
Lies zu diesem Thema die beiden hier verlinkten Texte:
»Schaubild der Woche« 18.04.1943, aus Amstettner Anzeiger Universitätsbibliothek Wien
(IV-533448/51.1943)
Hinweis: Das Schaubild ist ein Propagandabild. Hier wird die Perspektive der nationalsozialistischen Täter*innen sichtbar
(1:00 Min)
Auf dem Rückweg zu den Autos diskutieren die Leute von Multi-peRSPEKTif die Frage, ob sie selbst gerne in einem Dorf wie Haaßel leben würden.
Handyvideo untertitelt. Gefilmt von Ksenja Holzmann
Wir hoffen, dass euch unsere Begegnung mit Gerd dazu anregt selbst neugierig zu sein und genauso Fragen an die »Kinder von damals« zu stellen. Denn Ihr werdet in der Ausstellung unterschiedliche Menschen und ihre Geschichten kennenlernen. Alle diese Menschen verbindet, dass sie einen Vater oder eine Mutter hatten, der oder die Kriegsgefangener oder Zwangsarbeiter*in war. Wir nennen sie »die Kinder«, obwohl sie ja längst keine Kinder mehr sind. Alle diese Kinder hatten durch die Ausstellung die Möglichkeit, sich untereinander kennenzulernen. Also hatten sie selbst auch was von dem ganzen Projekt!
Wir haben für euch ein paar Fragen und Suchaufgaben zusammengestellt, mit denen ihr in die Ausstellung reingehen könnt. Unser Vorschlag ist, dass ihr zuerst einmal durchlauft und den Kindern quasi mal kurz hallo sagt, also ihr zunächst vor allem die großen Bilder und Überschriften anschaut und rausfindet, wer wer ist.
Dann könntet ihr euch in Kleingruppen auf die Suche machen. Vielleicht findet ihr manchmal sehr schnell Antworten. Vielleicht stoßt ihr aber auch auf weitere Fragen. Wir sind an eurer Seite! Wenn ihr nach dem Ausstellungsbesuch wieder zusammenkommt, werdet ihr auch erfahren, wie es bei unserer Begegnung mit Gerd weiterging. Bis dann!
Liebe Grüße,
Euer Team von Multi-peRSPEKTif
Appolinaire, Baboucar, Ebrima, Fatoumata, Kath, Ksenja, Mouctar, Nene, Siaka und Yus.
trotzdem da! – Kinder aus verbotenen Beziehungen zwischen Deutschen und Kriegsgefangenen oder Zwangsarbeiter*innen ist ein Projekt der Gedenkstätte Lager Sandbostel. Es wird in der Bildungsagenda NS-Unrecht von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) und dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) gefördert.
Kooperationspartner*innen sind die KZ-Gedenkstätte Neuengamme, das Projekt Multi-peRSPEKTif (Denkort Bunker Valentin / Landeszentrale für politische Bildung Bremen) und das Kompetenzzentrum für Lehrer(innen)fortbildung Bad Bederkesa.
trotzdem da! – Kinder aus verbotenen Beziehungen zwischen Deutschen und Kriegsgefangenen oder Zwangsarbeiter*innen ist ein Projekt der Gedenkstätte Lager Sandbostel. Es wird in der Bildungsagenda NS-Unrecht von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) und dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) gefördert.
Kooperationspartner*innen sind die KZ-Gedenkstätte Neuengamme, das Projekt Multi-peRSPEKTif (Denkort Bunker Valentin / Landeszentrale für politische Bildung Bremen) und das Kompetenzzentrum für Lehrer(innen)fortbildung Bad Bederkesa.